Corpse Party (PSP)

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NegCon
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Corpse Party (PSP)

Beitrag von NegCon »

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Corpse Party war mir seit längerer Zeit bereits ein Begriff, aber um was es sich dabei genau handelte, wusste ich nicht. Vor wenigen Wochen bin ich allerdings noch einmal auf den ersten Teil der Reihe gestoßen, da er für 3DS (bei uns leider nur digital) erschienen ist. Da mir leider der Preis für einen reinen eShop-Titel zu hoch und ein Import der US-Retail ebenfalls zu teuer war, habe ich etwas rumgesucht. Neben einer PC-Veröffentlichung (auf Steam und GOG) erschien vor einiger Zeit auch eine Fassung für die PSP, die es im PSN regulär für 9,99 €, was für mich ok war. Dank PSTV konnte ich sie dann auch noch am TV zocken.

Aber nun zum Spiel. Das ursprüngliche Corpse Party erschien in Japan bereits 1996 für PC-9801 (ein jap. Computer-System) und wurde mit Hilfe des RPG-Makers entwickelt. 2008 folgte dann unter dem Namen Corpse Party BloodCovered ein Remake für Windows PC und 2010 kam noch Corpse Party BloodCovered: ...Repeated Fear für PSP, das später auch für iOS umgesetzt wurde. Die PC-Fassung erschien im übrigen sogar erst dieses Jahr im Westen! Das Remake umfasst zusätzliche Charaktere, größere Umgebungen, aufgewertete Grafik und eine jap. Synchronisation. Repeated Fear erweiterte das Ganze dann nochmal um weitere (Haupt-)Charaktere. Die 3DS-Fassung stellt die neuste Umsetzung da und verfügt über ein zusätzliches Kapitel, dass den anderen Fassungen fehlt. Wobei ich nach dem Durchspielen der PSP-Umsetzung sagen muss, dass mir da nichts gefehlt hat und ich ohnehin eher skeptisch bin, wenn nach 20 Jahren plötzlich zusätzlicher (Story-)Inhalt "drangeklebt" wird. ;)

Seine Herkunft - und damit meine ich den RPG-Maker - kann Corpse Party nicht verleugnen. Das Spiel präsentiert sich im klassichen 16-Bit-jRPG-look (na ja, wenn man es genau nimmt, könnte es auch irgendwo zwischen 16- und 32-Bit 2D-Pixelgrafik sein ;)) obwohl es im Grunde gar kein jRPG ist. Vielmehr eine Art Mischung aus jRPG (Optik), Visual Novel (sehr viele story-lastige Dialog-Sequenzen) und Survival-Horror-Adventure (rumrennen, Gegenstände aufsammeln und Einsetzen sowie gelegentlich nicht nennenswerte Mini-Rätsel lösen). Fast sämtliche Dialoge sind mit jap. Sprachausgabe vertont, die sehr zur Atmosphäre beiträgt und von engl.-sprachigen Untertiteln/Textboxen begleitet werden. Wärend der Dialoge sind auch meist die Charaktere als große Anime-Figuren eingeblendet, die durch verschiedenen Posen den aktuellen Gemütszustand des jeweiligen Protagonisten wiederspiegeln.

Corpse Party spielt in Japan und beginnt damit, dass eine Gruppe von Schülern (und eine Lehrerin) der Kisaragi Academy, einer High School in Tokyo sich nach Unterrichtsschluss im Klassenzimmer treffen. Primär geht es wohl darum, sich von einer Mitschülerin zu verabschieden, die wegziehen und auf eine andere Schule gehen wird, dennoch erzählt man sich, nachdem es draußen dunkel geworden ist und zu Regenen angefangen hat, Geistergeschichten über eine Grundschule, die früher in den 1970er Jahren nach einer Mordserie geschlossen und abgerissen wurde und an deren Stelle die jetzige High School gebaut worden sein soll. Anschließend wird ein Ritual abgehalten, das die Freundschaft der Klassenkameraden für immer festigen soll. Dabei scheint aber offenbar irgendetwas schief zu gehen, denn kurz darauf beginnt ein Erdbeben und die Schüler befinden sich plötzlich in der zuvor erwähnten und mittlerweile verfallenen Grundschule wieder, die eigentlich schon längst nicht mehr existiert. Kurz darauf trifft man auf einen Geist, der erklärt, dass die Schüler mitsamt Lehrerin in einer andere Dimension gelandet sind, die in verschiedenen Realitäten unterteilt ist, die alle unterschiedliche Versionen des selben Gebäudes darstellen. Zu allem Übel sind die Neuankömmlinge nicht gemeinsam in einer Realität gelandet, sondern als kleine Grüppchen, von meist zwei Leuten, in verschiedenen Interpretationen der Grundschule verteilt gestrandet.

Die Geschichte wird in fünf Kapiteln (auf dem 3DS sechs) erzählt wobei ihr, zumindest in den ersten Kapiteln, immer mit einer anderen Gruppe unterwegs seit und das alte Schulgebäude erkunden dürft. Wie es aber mit verschiedenen Realitäten oft so ist, könnten sich Ereignisse auch gelegentlich überschneiden. Das Spiel verfolgt zudem ein interessantes Konzept, genannt "Wrong Endings". Während des Spielverlaufs gibt es zahlreiche Situationen, in denen man das Falsche tun kann, was meist mit dem Ableben eines der Gruppenmitglieder, die man gerade spielt, einhergeht. Ist das passiert, ist das Spiel zuende und landet wieder auf dem Titel-Screen und darf vom letzten Speicherpunkt an starten (im Spiel kann an hin und wieder vorkommende Kerzen gespeichert werden). Wobei man so auch kleine Sequenzen gezeigt bekommt, die ohne Wrong End nicht abgespielt werden würden oder man erhält zusätzliche Infos. Apropos Sequenzen, wichtige Ereignisse werden hin und wieder auch als statische Full-Screen-Anime-Zeichnung dargestellt, die dann ebenfalls mit Mono- oder Dialog versehen sind. Was die Sound-Untermalung angeht, gibt es da leise Töne, als auch hecktische oder mehr rockige Musik, eben passend zu jeder Situation. Nebenbei bemerkt, "richtige" Gegner die man bekämpfen könnte, gibt es im Spiel eigentlich nicht. Wenn mal einer Feind auftaucht, dann heißt es wegrennen oder ausweichen. Bei Corpse Party geht es vielmehr darum, die Story voranzutreiben und kleine Rätsel zu lösen.

Für PSP gibt es im Übrigen noch eine Art Spin-off mit dem Namen Corpse Party: Book of Shadows, der meinen Eindruck nach eine stärkere Gewichtung auf den Visual-Novel-Aspekt hat, zumindest beim kurzen Anspielen kam ich noch nicht mal zu einer Gameplay-Sequenz. Lt. Screenshots spielt man hier offenbar aber aus der Ego-Perspektive ... also in allen Belangen ein Spin-off. Von der Story her ist das Ganze wohl zum Teil kurz nach den Ereignissen des ersten Teils angesiedelt und schildert auch Nebenhandlungen die parallel zu Teil 1 laufen. Die richtige Fortsetzung erschien hingegen bei uns im Herbst letzten Jahres für die PSVite bzw. PSTV und trägt den Titel Corpse Party: Blood Drive. Hier wird auch wieder das Gameplay des ersten Teils aufgegriffen, nur dass man dieses Mal nicht mehr auf einen 2D-Pixel-look setzt, sondern auf eine 3D-Engine. Dennoch wird die gewohnte Top-Down-Ansicht geboten. In Japan ist Mitte 2013 übrignes auch Corpse Party 2: Dead Patient für PC veröffentlicht worden. Die Geschichte spielt hier ein paar Jahre nach Teil 1 und der Handlungsort ist nicht mehr eine Schule, sondern ein Krankenhaus. Anders als bei der 2014 (in Japan) erschienenen direkten Story-Fortsetzung für Vita, wird bei Corpse Party 2 noch auf 2D-Grafik gesetzt. Ob und wann es auch eine West-Veröffentlichung auf Steam oder GOG geben wird, ist nicht bekannt, ebenso ob es Portierungen für andere Systeme folgen könnten.

Mein Fazit:
Mir persönlich hat das Spiel überraschend gut gefallen und ich war sogar soweit motiviert, dass ich es durchgespielt habe. Die Spielzeit würde ich auf etwa 12 bis 16 Std. schätzen, wobei man die Kapitel, nachdem man sie absolviert hat, auch einzeln nochmal spielen kann. Über die Hauptstory lassen sich im Hauptmenü unter "Extras" auch kleine Zusatzkapitel freischalten, die die Geschichte anderer Schüler zeigt, die es ebenfalls irgendwann einmal in die andere Dimension verschlagen hat. So kann man von der von mir geschätzten Spielzeit sicher noch ein paar Std. draufschlagen. Ich war auch überrascht, wie viel Atmosphäre man mit 2D-Grafik erzeugen kann. Vielleicht liegt es auch daran, dass man sich noch, wie eben früher üblich, noch vieles selbst vorstellen und ausmalen muss, da über die Retro-Optik vieles nicht so ausgeschmückt werden kann, wie bei heute gängiger Hochglanzgrafik. Dennoch eine kleine Warnung, trotz der Pixelgrafik ist der Gewaltgrad recht hoch und wie erwähnt, trägt die jap. Synchro auch vieles zur morbiden Atmosphäre bei. Für mich auf jeden Fall ein etwas anderes Spiel, das mir sehr gut gefallen hat. So gut sogar, dass ich mir das Spin-off über PSN geholt und mir den Nachfolger als Retail-Fassung gekauft habe, da es den gerade günstig gab. Bevor ich allerdings Letzteres in Angriff nehme, werde ich dazwischen noch etwas anderes, freudlicheres spielen. Zwei so düstere Titel nacheinander wären mir etwas zuviel. ;) Dennoch, wer sich auf so ein Spiel mit viel Dialogen und Zwischensequenzen einlassen will, und sich gerne gruselt, dem dürfte Corpse Party gefallen.

Im folgenden einige Screenshots der PSP-Fassung, die allerdings nicht von mir stammen, da ich momentan nicht die Möglichkeit habe Bilder von PSP-Spielen auf meiner PSTV abzugreifen:

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NJW
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Beitrag von NJW »

Wow laut deiner Review scheint sich das Spiel zu lohnen.Da ich ab und an mal gern paar RPG Maker Games spiele und ich in den Jahren leider egal wie gut die Dinger waren sei es jetzt die RealTroll Sachen wie Reise ins All oder Wolfenhain etwas zu viel intus hab und dank True MG etwas übersätigt an den RPG Maker Games Spielen bin und auch nicht die Zeit hab es selber zu spielen würde ich vlt dem Game doch ne Ausnahme gönnen :) Sehr schöne Review NegCon :)
Black Diamond
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Beitrag von Black Diamond »

Schönes Review. :ok: Ein Rand-Titel der sehr gut aussieht. Bitte mehr davon. Abseits des Mainstreams würden mir leider als Ex-PSP-Besitzer kaum mehr Titel einfallen. :P
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NegCon
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Beitrag von NegCon »

Freut mich, wenn's euch gefällt. Eigentlich hatte ich mir schon länger mal vorgenommen, zu den Spielen, die ich durchspiele, immer ein Review hier zu schreiben, aber oft schiebe ich das dann auf die lange Bank und am Ende ist es dann so lange her, dass ich mich für ein Review nicht mehr gut genug erinnern kann. Ähnlich ist es mir auch bei Project Zero für WiiU gegangen, das ich vor einem Jahr durchgespielt habe. :(

Btw. habe eben gemerkt, dass offenbar bei der PC-Version auch die Story des PSP-Spin-Off, den ich im Review erwähnt habe, gleich miterzählt wird. Ist also doch etwas umfangreicher als die PSP-Fassung. Dafür ist der Preis aktuell etwas gestiegen... vor ein paar Wochen kostete das Spiel auf Steam und GOG noch knapp 10,- €, jetzt momentan hingegen knapp 15,-€. Wird aber früher oder später ohnehin in irgendeinem Sale landen. ;)

Das Spin-Off werde ich ggf. auch noch spielen, wenn's mich motiviert, die Fortsetzung auf der Vita aber auf jeden Fall. Allerdings brauche ich etwas Pause, da zwei Spiele nacheinander mit so morbider Stimmung mir etwas zu viel wären, abgesehen davon, will ich der Weihnachtszeit entsprechend, jetzt eher mal was bunteres zocken. ;)

Nischentitel oder unbekanntere Spiele, die nicht ganz so im Fokus des Mainstreams stehen, sind in den letzten Jahren ohnehin immer interessanter geworden. Wobei ich sagen muss, dass mich schon in der letzten Konsolen-Generation Low-Budget-Projekte wie etwas Deadly Premonition oder Nier deutlich mehr begeistern konnte als 99+% der sogenannten AAA-Titel. Wobei ich im Fall von Nier Automata schon wieder skeptisch bin, da mir das Ganze zu groß aufgezogen ist und vieles einfach nur vom Vorgänger kopiert wirkt (außerdem ist's mir zuviel Hack'n'Slay)... aber das ist ein ganz anderes Thema. XD

Wie eingangs erwähnt, freut mich, wenn euch das Review gefällt. Corpse Party ist wirklich ein tolles Spiel, auf das man sich einlassen muss. Hier übrigens noch ein alter Trailer (leider in nicht so toller Bildqualität):
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=mIywCeqRNgY[/youtube]
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